Von Raspberry zu Proxmox VE auf einem S740

Manche Dinge wollen einfach nicht zusammenpassen. „Stets bemüht“ bin ich mit den Dingern immer wieder auf die Nase gefallen. Schuld war meist die unzuverlässige MicroSD. Damit schwand das Vertrauen in das Konzept Raspberry. Das passte für meine Anwendungen (permanentes I/O) einfach nicht mehr.

Eigentlich ging’s mir um’s Energiesparen. Die nächste Stromrechnung im Hinterkopf sorgte bei mir zunächst für Panik und dann für jede Menge Durcheinander. Ich kann mir gut vorstellen, dass viele von meinen Lesern vor ähnlichen Aufgaben stehen.

Nach anfänglicher Begeisterung für den Kleinstcomputer waren bei 3 der 4 Raspberries immer mal wieder ein Speichermedium defekt. Dem Tipp, größere zu verwenden, bin ich zwar gefolgt. Auch das hat aber – besonders HomeAssistant und Docker nicht geschmeckt. Mit maximal reduzierter Logfile/Schreib-Konfiguration fraßen die Dinger MicroSD-Karten quasi zum Frühstück.

Das ist „suboptimal“, wenn man eigentlich auf Langzeit Energieverbräuche mitschreiben will oder wenn man mit Docker’s Verständnis von TCP/IP alles andere als d’accord geht.

Zu den unmöglichsten Zeitpunkten verweigerte dann das Smarthome inklusive Sprachassistent oder PiHole seinen Dienst. Und das nur, weil die MicroSD – wieder mal – geschreddert war. Ding ist: Das kriegst Du erstmal nicht mit: Anders als z.B. bei SATA fehlt bei MicroSD die Logik, Schreibfehler zu erkennen. Sicher wird das seine Gründe haben, dass man diese Kleincomputer nur mit MicroSD’s und ohne SATA-Anschluss (z.B. m2) ausstattet.

Wegen deren Unzuverlässigkeit disqualifizieren sich diese Dinger für mich. Sicher, der RPI lässt sich auch von USB booten (Link), das ist aber nix für mich. Und ich wollte konsolidieren. Die vier Stück zuhause waren mir neben meiner anderen Heimplaste einfach zu viel.

Es gab für mich praktische Lösungen: Der Erzeugerfraktion ist mit Photovoltaik, Stromspeicher und Glasfaser ein mögliches „Energieversorgungsproblem“ völlig unbekannt. Die boten an, mein treues, geliebtes TrueNAS auf meinem geliebten ProLiant Microserver bei sich aufzunehmen.

Einige Dienste konnten also problemlos umziehen. Nadelör ist im Moment wohl nur noch meine eigene Leitung, mehr als 40M Upstream sind da nicht drin. Für die Nextcloud-Instanz ist das weniger ein Problem denn für Apple’s TimeMachine. Zwar ist über die Konsole konfiguriert ein Backup in anderen Netzen ebenfalls möglich, die Bandbreite war jedoch so dünn, dass der Mac den regulären Betrieb während des stündlichen Backups regelmäßig verweigerte.

Auch lokal erforderliche Jails und VM’s hatte ich deshalb verloren. Und so hatte ich mir notgedrungen ein Sammelsurium von 3, später 4 Raspberry Pi’s angelegt, welche allesamt mit unterschiedlichen Aufgaben betraut waren. Das ging wohl nicht lange gut.

Ich hätte mir jetzt ein CM4 mit Board für eine m2242- oder mSATA-Schnittstelle zulegen können, die Anschaffungskosten waren aber weit jenseits einer Alternative, welche mir rein zufällig in’s Auge gefallen ist, besonders im Leistungsvergleich pro Watt Energieverbrauch.

Der Fujitsu Futro S740

ist ein Thinclient, den es in unterschiedlichen Varianten schon seit einiger Zeit auf dem Markt gibt. Die Variante S740 ist mit einem lüfterlos gekühlten Quadcore J4105 Celeron ausgestattet, bietet Platz für eine M2 2242 SSD und sogar 16GB RAM, sofern man ihn adäquat selbst ausstatten will. Die Idee für den Thinclient ist nicht neu: Kaum erscheint das Ding mal wieder in irgendeinem der Preisportale, entwickelt sich ein DruKo-Thread, der seinesgleichen sucht (Link).

Es gibt auf Github einen findigen Bastler, welcher Rückmeldungen aus den unterschiedlichsten Foren für kompatible Module auflistet (Link). Meine S740 Variante wurde problemlos mit

  • 16 GB RAM SK Hynix HMA82GS6AFR8N
  • 512GB m2 2242 Transcend TS512GMTS430S
  • 4TB WD Elements Portable WDBU6Y0040BBK

erweitert. Mit etwas Frickelei ließe sich intern sogar noch eine weitere SSD verbauen, allerdings hatte ich mit den RPI’s schon genug von Frickelei und die 512G waren mehr als genug für das, was ich mit dem Ding vorhatte.

Der Lütte sitzt jetzt im Heimplastenkabuff:

Dabei fällt mir auf, dass ich ihn versehentlich auf den Kopf gestellt und noch nichtmal korrekt zusammengeschraubt habe. Ist ihm aber auch völlig wurst: Der Lütte wird noch nichtmal handwarm. Meiner kam für rd. 50 EUR geliefert von „Piospartslap“ (Link – nicht gesponsort) extrem gut verpackt bei mir an. Die haben immer mal wieder solche Dinger auf Lager.

Der S740 hat im Idle weniger Verbrauch, als ein einzelner Raspberry Pi 4. Im tatsächlichen Betrieb halbieren sich dann meine gesamten Stromverbräuche auf etwa 7-11 Watt. Der kleine Futro ist im Schnitt bei 10% Last, was bei momentan 3 LXC-Containern und 2 VM’s recht ordentlich ist. Kommen wollen dazu vielleicht noch Container für Wireguard und Emby.

Emissionen und Temperatur

Der Futro S740 hat keinen Lüfter. Deswegen arbeitet er geräuschlos. Es kann auch nichts kaputtgehen, wie z.B. bei den im Dauerbetrieb befindlichen, irgendwann völlig zustaubenden Intel-NUC-Derivaten. Proxmox selbst misst zwischen 40 und 42 Grad Temperatur auf dem Die selbst, davon spürt der Anwender selbst allerdings nichts. Der 8x10cm kleine Kühlkörper selbst wird im Betrieb nicht mal handwarm, das Gehäuse bleibt kalt. Lautlos werkelt er selbst, leider besitzt mein Lancom-Router einen ziemlich nervenden Lüfter ;-)

Proxmox VE 7.3

ist die Software, welche ich für den kleinen jetzt nutze. Das ist komplett neu für mich, läuft aber out of the box so wirklich dermaßen sauber, dass ich – mal wieder – schmunzeln muss: Natürlich kommt das Ding – wie auch meine andere Lieblingssoftware RoyalTS(x) aus Wien. Mir schwant, da sitzen eine Menge wirklich sehr schlaue Menschen.

Auf Ventoy (Link) gepackt lief die wirklich gut geführte Installation vom ISO (Link) in rd. 10 Minuten durch.

Nichtproduktiv darf man sie frei – auch privat – einsetzen. Der Hersteller gibt die richtigen Hinweise, wie sich die Repositories konfigurieren lassen, so dass die Hütte für mich problemlos nutzbar ist (Link).

Möchte man die Entwickler unterstützen, geht’s mit Jahresbeiträgen von um die EUR 100 los (Link).

LXC-Container

lassen mich mit weniger Ressourcenverbrauch arbeiten: Hier habe ich keine reine Virtualisierung, teile ich mir einen Kernel mit anderen Containern. Das hat für einzelne Apps sicherlich Vorteile.

Gestolpert bin ich beim reinen mounten von Volumes über die (sinnvolle!) Sicherheitsstrategie von LXC / Proxmox: Unpriviligierte Container dürfen persé erst einmal nicht auf andere Volumes zugreifen. Zu diesem Thema gibt’s ganze Abhandlungen (Link).

Das funktioniert jedoch wiederum mit privilegierten Containern, reduziert jedoch auch die Sicherheit des Gesamtsystems. Auch aus diesem Grunde verwende ich nicht alles in Containern.

Virtuelle Maschinen in Proxmox

Funktionieren ähnlich anderer Umgebungen. OpenMediaVault ist so ein Ding, welches ich für unterschiedliche Zwecke einsetzen will, u.a. schnödes Sharing, als auch Platz für eine TimeMachine-kompatible Freigabe. Das umständliche OMV will im Moment nur in VM hereingereichte Volumes akzeptieren, klassische Mounts will das Ding einfach nicht. Außerdem sollte ich die Volumes vorher in Proxmox größenbeschränken. Innerhalb von OMV geht dies nicht, außer mit ZFS-Volumes.

Der SDKarten fressende HomeAssistant sollte ebenfalls umziehen. Mit SuperVisor geht’s im Moment nur innerhalb einer VM, dies gelingt jedoch derart schonend, dass mir der VM-Betrieb ggü. Containern auch hier egal ist.

Stolperfallen?

Nur eine relevante: Ich bin anfangs einem Tutorial gefolgt, um meine externe Tellermine direkt einzubinden. Ich habe mir dabei die fstab zerschossen, das hatte dann den ordnungsgemäßen Neustart unterbunden. Der Futro hat halt kein iLO/IRMC, das macht solche Späße dann eben etwas umständlich. Ansonsten läuft der kleine so dermaßen zuverlässig, dass ich ihn höchstens noch durch meinen Spieltrieb aus dem Takt bringen könnte. Der fehlende Lüfter tut sein übriges: Ich glaube, das Ding ist für die Ewigkeit gebaut.

Es gibt zu viele „Tutorials“, welche auf vergangene Releases deuten und heute so nicht mehr funktionieren. Es hat sich halt eine Menge getan. Anlasten kann man dies den Wienern definitiv nicht, denn deren Handbuch ist völlig ausreichend und deren Forum hat eine wirklich angenehme, sehr freundliche Gesprächskultur.

Auch das ist nicht Proxmox anzulasten: Der Umzug von HomeAssistant via Homeassistant-Backup gelang zwar technisch problemlos, allerdings wurden die Verlaufsdaten der Temperaturen und Verbräuche nicht mitgenommen. Dies war mir aufgrund der lückenhaften Aufzeichnung in diesem Jahr zwar nicht ganz egal aber wenigstens verschmerzbar. Die MicroSD selbst war hinüber, ich hatte nur das Backupfile. Schade, dass ich das übersehen hatte.

Es ist auch noch nicht alles in der GUI hinterlegt: Die Mailkonfiguration für ein Alerting z.B. könnte mir Zeit einsparen, denn Postfix auf CLI zu konfigurieren. Ich glaube aber, dass die Konsolenjunkies über einen derartigen Wunsch wohl eher müde drüber hinweglächeln werden.

Backup

ist gleich eingebaut. Schnappschussgesichert wird auf meine externe Platte, das ist schonmal deutlich komfortabler, als alle Mitbewerber. Im schlimmsten Falle müsste ich mir ein 3rd-Party-Tool zulegen.

Proxmox kann jedoch so viel mehr, ich nutze nur einen Bruchteil der angebotenen Features. Unter anderem ist das Ding Clusterfähig (Ceph) und kann mit Storage noch viel mehr Blödsinn anstellen.

USV

Meine olle APC Back Ups Pro lässt sich ebenfalls problemlos anstöpseln. Es fehlt zwar eine GUI in Proxmox selbst, mit apcupsd lässt sich die funktionalität jedoch auf Konsolenebene konfigurieren. Eine ausführlichere Anleitung findet sich u.a. hier: (Link).

Cheaten – Haha :D

Geht auch. Mit einem Einzeiler von „tteck“ auf der Konsole lässt sich – ohne das eigene Hirn anstrengen zu müssen – entweder ein LXC-Container oder eine VM mit darin fertig installierter Software bauen. Außerdem gibt’s Hilfs-Scripte, welche z.B. das Update aller Container übernehmen.

Mit Verlaub, ich bin fast vor Lachen vom Stuhl gefallen, als mir der Einzeiler „mal eben“ den HomeAssistant, perfekt konfiguriert, vor die Füße geschmissen hat. Die ganzen Scripte finden sich hier: (Link) – Das ist quasi so wie Guided Cooking mit Geling-Garantie beim Thermomix.

Fazit

Ich bin rundum zufrieden. Der von mir preferierte Thinclient Futro S740 ist derzeit günstiger in der Beschaffung als ein einzelner, aktueller Raspberry und deutlich leistungsfähiger. Konsolidiert man mindestens 2 Raspberry PI, ist der Gesamtverbrauch sogar geringer. Durch die Verwendung von SATA ist das Gesamtsystem deutlich zuverlässiger. Der lautlose, weil lüfterlose Betrieb will gefallen: Das Ding ist out of the box etwas für die Ewigkeit.

Mir schwant, dass das halbe Netz Proxmox schon seit einer gefühlten Ewigkeit kennt und nur ich mal wieder der letzte auf der Party bin. Na herzlichen Dank auch, hätte ich das mal eher gewusst…

Hardware:

Angemerkt sei, dass die nachfolgende Auflistung eine „Rechtsuntenvariante“ ist und mehrere RPI’s ersetzt. Der Futro selbst hat bereits eine SSD, die reicht z.B. für die Nutzung von HomeAssistant nativ vollkommen aus.

EUR 52,00: ebay Futro S740 (16GB SSD, 4GB RAM)
EUR 42,00: ebay 16GB Rx8 PC4 2400MHz SK Hynix HMA82GS6AFR8N-UH
EUR 99,86: amazon WD Elements Portable 4TB HDD
EUR 49,00: amazon TRANSCEND 430S M.2 512 GB Serial ATA III 3D NAND, 42 mm

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