TrueNAS, Eure Kritik und mein Fazit

Letzten Monat kam auf unterschiedlichen Kanälen eine Menge an Rückmeldungen von Euch. u.a. Kopfschütteln/Kritik, „wie ich denn überhaupt nur könnte“. Ganz offensichtlich ist die Wahl des NAS eine „Glaubensfrage“, ähnlich der Wahl zwischen Fahrzeugtypen, die mit Dino-Fuel oder eben fortschrittlich mit Elektrizität betrieben werden. In diesem Beitrag will ich darüber schreiben, ob ich meine Entscheidung in irgendeiner Form „bereue“, wie von einigen meiner Zuschriften prophezeit.

tl;dr: Ich bereue nix. Im Gegenteil.

Ich habe insgesamt 16 Mails zu meinem letzten Blogpost (Link) bekommen und zwei Direktnachrichten auf Twitter. Das ist nicht besonders viel für diesen Blog. Allerdings waren nur wenige der Nachrichten von Euch mit positiver Intention geschrieben. Offensichtlich gibt es besonders bei den Nutzern von Synology oder QNAP doch einige, die sich von mir „leicht auf den Schlips getreten“ fühlen, eine Person wurde sogar ausfallend.

Bitte, wertet Empfehlungen oder Erfahrungsberichte von mir niemals als persönlichen Angriff. Ich bin immer dankbar für Kritik, denn nur mit Kritik kann ich mich verbessern. Allerdings kann ich mit „Mein Papa fährt BMW und BMW ist viel besser“-Sandkasten-Förmchen-Eimerchen-Kritik nicht viel anfangen.

Wohl aber habt Ihr mit zwei, drei, vier Punkten den richtigen Nerv getroffen. Deswegen will ich darauf auch antworten. Und ich will berichten, ob ich denn den Weg weiter gehen möchte.

Einstieg

Der Einstieg in TrueNAS ist nicht für jeden etwas. Vor allem, weil es eine Menge Dinge zu beachten gilt, die sich aber (wie schon in letztem Beitrag erwähnt) doch recht schnell in eine Checkliste zusammenfassen lassen. Die fehlt, bei IXsystems. Nerdsprech versteht auch nicht jeder. Viele Dokumentationen, Anleitungen und Empfehlungen für Softwareprodukte müssen besser geschrieben werden, dazu gehört auch TrueNAS. Die Kritik ist sehr wohl berechtigt.

Allerdings passt eine Sache nicht:

Ich will meinen, dass ich das doch recht gut gemeistert habe. Zum Lernen gehört auch das Stolpern. Ich hätte meine Fehltritte auch weglassen können und überlege, ob ich tatsächlich in der Zukunft heile Welt schreibe, aber wäre das dann wirklich die Realität, die Ihr wollt? Wollt Ihr mich dann hinterher kritisieren und feststellen, dass ich Euch XY hätte früher sagen sollen?

Lautstärkenangst

Der Betrieb mit einem Microserver Gen8 ist recht angenehm und vor allem auch deutlich weniger Geräuschintensiv als zuvor befürchtet. Ein SSD-Cache wurde entgegen meiner Annahme nicht benötigt, die 16GB des Microservers reichen für einen SOHO-Betrieb völlig aus.

Der Würfel befindet sich in einem abschließbaren Jalousieschrank (Galant / Ikea), dessen Rückseite passende Lüftungsausschnitte besitzt, so dass die warme Luft nicht im Schrank verweilt. In jenem ist der Lüfter kaum wahrnehmbar, die Festplatten schon gar nicht. Es ist angenehmes Arbeiten möglich. Dies ist meine persönliche Erfahrung, meine Ohren haben auch schon ein paar ungesunde Erlebnisse hinter sich. Es ist also möglich, dass Ihr eine andere Erfahrung habt.

Backup

Gleich 3 von Euch meinten, ich sollte doch bitte LTO’s einsetzen. Mit Verlaub, das ist sehr schwer nachvollziehbar. Nein, es gibt keinerlei passenden Treiber für TrueNAS (FreeBSD) für Tapedrives (Link). Und ja, ich weiß sehr gut, wie LTO’s funktionieren. Seit einer Ewigkeit kenne ich die Dinger. Leider. Und auch ihre Nachteile.

Möglicherweise habe ich das Szenario auch nicht genau genug erläutert: Ich bin eine Privatperson. Ich möchte eine passende Lösung. Und nein, die von Snazzylabs (Link) passt schon gar nicht.

Ich hätte vielleicht tatsächlich nach Backblaze gesichert (TrueNAS bietet gleich eine ganze Reihe von Cloudbackup-Integrationen an), allerdings hatte ich die Kosten für (16TB) mal durchgerechnet.

Mit einem 16TB-Drive via USB angebunden läuft eine ZFS-Snapshotreplikation problemlos.

Allerdings ist das von mir verwendete, externe Laufwerk doch recht laut, möglicherweise möchtest Du etwas anderes verwenden. Liegend, auf einer Schaumstoffmatte, erzeugt es dann doch weniger hörbare Vibrationen im Betrieb.

Die ersten DR-Tests hat die Konfiguration (bedingt durch meine eigene Schusseligkeit) letzte Woche schon erfolgreich hinter sich, das Konzept funktioniert also.

Mit Verlaub: Ganz im Gegenteil zum Vorgänger. Keine meiner Backups auf QNAP haben in der Vergangenheit tatsächlich durchgehend und zuverlässig funktioniert. Das wurde vor allem aber auch nicht gemeldet. Dies war auch bedingt durch ständige Änderungen am Produkt.

Iocage / Jails / VM

Dieses NAS war von mir nicht dafür gedacht, jede Menge Container zu hosten, sondern nur einen: Plex. Dennoch bietet Truenas jede Menge „Plugins“ basierend auf Iocage an. Die Plugins werden entweder durch die Community oder durch IXSystems selbst gewartet. Von deren Nutzung von Plugins will ich allerdings dringend abraten und zur Bereitstellung per Iocage selbst raten.

Denn: Die Plugins werden nicht adäquat gewartet. Neue Plugin-Versionen kommen wesentlich später heraus, oder eben gar nicht. In Iocage selbst können Softwarepakete auch via PKG oder Portsnap (Link) bereitgestellt und aktualisiert werden. Das geschieht quasi instant nach Veröffentlichung durch Maintainer oder Hersteller. Selbst UniFi-Controller (Link) sind problemlos bereitzustellen und immer mit der neuesten Version verfügbar.

Allerdings bedient sich auch Iocage des lokalen Hauptspeichers. Da der bei mir knapp ist, gibt’s zukünftig auch nur noch ein einziges Jail: Plex. Das läuft im übrigen ganz wunderbar, 4K-Galore.

Updates

Ich habe bis heute alle Updates durch. Mir gefällt die Art der Aktualisierung von IXSystems. Es läuft. Es hat nichts gehakt und es funktioniert nach dem Update bislang auch noch alles so, wie vorher. Mehr als zur Zuverlässigkeit bisher und dem reibungslosen Ablauf kann ich nicht berichten.

Diskhandling bei Fehlern

Ich hatte die Tellerminen aus meinem alten NAS zwar geprüft, aber offensichtlich nicht gründlich genug. Eine der WDEFRX hatte nach kurzer Zeit des Einsatzes im neuen NAS rd. 130 Lesefehler. Das ist nach der langen Laufzeit auch völlig legitim! Ich muss das nur mitbekommen. Habe ich. Und zwar mehr als deutlich, per Mail und im UI.

Das Replacement der fehlerbehafteten Disk war ein absolutes Kinderspiel, bei mir (hardwarebedingt) allerdings nicht hotswap möglich. Die Anleitung (Link) – für diesen Fall ist – ist unmißverständlich geschrieben. Hält man sich daran, wird i.d.R. nichts schiefgehen. Das Resilvering startet automatisch. Der ganze Vorgang ist mit ZFS deutlich zügiger durch als bei dessen Vorgänger mit 4 Disks derselben Größe, bezogen auf den Füllstand (mdadm, QNAP). Ich bin im UI in der Statusleiste, sowie im Poolstatus über den aktuellen Fortgang jederzeit gut informiert.

Anmerkung v.01.09.2021: Herr Lose, Ihr Geld ist nicht weg, es ist nur woanders. Inzwischen haben sich zwei weitere WD-EFRX verabschiedet und wurden problemlos ersetzt. So alte Platten weiterzuverwenden, war möglicherweise suboptimal
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Eure Kritiken

Zum einen ist meine Wahl für TrueNAS von Euch kritisiert worden, und warum ich dann nicht Synology, Windows, Thecus, Windows, whatever verwendet hätte. „XY“ sei ja absoluter Mist und deswegen müsste ich „WZ“ verwenden. Ferner finden die Profis RAID-Z1 extrem blöd, noch andere kritisieren mein Backup-Konzept oder dass bei meiner neuen Wahl ja nix reibungslos laufen würde.

Raid-Z1

Fangen wir an mit der Wahl des RAID-Levels. Das liegt mir wohl am Herzen. Es ist auch schön, dass Ihr Euch über mich Sorgen macht. Es ist mir sehr wohl bewusst, dass das Risiko eines Fehlers bei RAID-5 oder RAID-Z1 Parität in sofern höher ist, dass beim Resilvering weitere Platten ausfallen können. Auch ist mein letzter Schadensfall (wie oben beschrieben), in jenem das Resilvering problemlos geklappt hat, keinerlei Beweis dafür, dass es auch beim Ausfall der nächsten Platte problemlos klappt.

Aber: Ich bin kein Rechenzentrum. Und ich bin auch nicht Krösus oder ein Unternehmen. Ich arbeite im Öffentlichen Dienst. Das hier ist eine rein private Anwendung. Je nach Anwendungsfall (und im unternehmerischen Kontext) ist RAID-Z2 sicherlich besser, aber ich bin eben kein Unternehmen. Ich kann mir diesen Luxus hier gerade soeben leisten. Ich „hoffe“ einfach, dass ich für meine Anwendung die Risikokalkulaton korrekt durchgeführt habe und bin bislang nicht vom Gegenteil beeindruckt, schlichtweg weil ich mir Raid-Z2 nicht leisten kann.

Hardwarewahl

Bei TrueNAS (oder Unraid) bin ich unabhängig. Bei jeder von Euch präferierten Lösung wäre ich genötigt, wenigstens in Zukunft auf denselben Hersteller zu setzen oder ich benötige mindestens einen RAID-Controller selber Bauart.

Bei TrueNAS wird direkt (AHCI) mit der Platte gesprochen. Im Falle eines Schadens des Computers (wie bei QNAP zuletzt) kann ich jetzt bei TrueNAS einen neuen Computer aufbauen, die Platten dranstöpseln und die Config einspielen und sofort weitermachen. Mir ist der kaputte RAID-Controller, die kaputte CPU oder das kaputte Mainboard oder eben der Hersteller (nebst deren Kosten für eine Neuanschaffung) absolut egal. Und das soll auch zukünftig so bleiben.

Offensichtlich ist diese Frage auch philosophischer Natur. Noch einmal: Jedes Betriebssystem und jede Hardware hat ihre Vor- und Nachteile. Die bewertet jeder anders. Deswegen ist die Wahl des anderen nicht falsch! Ich will unabhängig sein und mich für den Fall der Fälle besser auf den nächsten Hardwareausfall vorbereiten.

Backup

Liebe Profis, nein, ich sichere nicht auf ein anderes NAS. Ich sichere auch nicht auf ein Bandlaufwerk. Und ja, ich verwende fehleranfälliges USB. Und ich verwende ZFS-Snapshots. Und ja, ich habe schon einen DR-Test hinter mir, es funktioniert tatsächlich!

Es gibt auch Daten, die relevanter als die auf dem NAS sind – die befinden sich aber auch nicht auf jenem. Sollte diese Hütte hier samt NAS abbrennen, habe ich zumindest die für mein Leben notwendigen Dokumente und Daten sicher.

Reibungslos

läuft es inzwischen. Und zwar äußerst. Ja, dieser Weg war kein leichter, aber er hat Spaß gemacht. Auch wenn Ihr das anders gedeutet habt: Ich fluche gerne und laut. Hätte ich mich wohl für irgendwas anderes entschieden, hätte ich nichts dazu gelernt. Auch in meinem Alter bin ich immer noch gewillt, etwas neues zu erfahren.

Diese Entscheidung führt auch noch zu weiteren Entscheidungen: Dieser Haushalt wird vom ESXi befreit. Nicht weil das System schlecht ist, sondern weil ich die Komplexität in diesem Netz verringern will. Wer meinen extrem stromsparenden, lüfterlosen Wirt (NUC7I5BNH, 32GB, 500GB NVME + 1TB SSD in einem Plato X7D) haben will, kann sich gerne bei mir melden.

Ergalso*

Ich bin über die Maßen von TrueNAS überzeugt, weil es eben genau das tut, was ich will. Ausfälle hat es schon überstanden, und zwar mit Bravour. Inzwischen ist das Ding in den Live-Betrieb gegangen und es verrichtet unhörbar, lautlos, ohne Probleme, performant seine Arbeit.

TrueNAS ist meine richtige Wahl.

*Ergalso ist ein von Jochen Malmsheimer in seinem 2013 präsentieren Stück „Gedrängte Wochenübersicht“ definierter Begriff (Link).

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