Headset Nr. 3: Das Jabra Engage 75 = „Allerbestes Lieblingsheadset“

Offensichtlich habe ich einen leichten Headset-Knall. Kurz zuvor erstand ich das Jabra Evolve 2 65 (Link), welches das zuvor 7 Jahre lang benutzte Plantronics Savy W740 (Link) ersetzte. Dazwischen gab’s irgendwelche „Preiswertlösungen“. Alles nicht wirklich optimal. Warum ich diesen Weg gegangen bin, ob ich mit meiner letzten Entscheidung zufrieden bin, könnt Ihr hier nachlesen.

tl;dr: Erschreckend gut.

Zum Listenpreis von rd. EUR 450,00, Straßenpreis rd. EUR 275,00 ist das Ding in der Pandemie extrem schwer zu bekommen: Die Lieferzeiten sind derzeit jenseits von mehreren Wochen. Nur wenige Händler listen noch ein paar Derivate auf Lager, wollen dafür aber auch gleich einen ziemlich vergoldeten Aufschlag.

Update vom 5.10.2021: Ich habe jetzt ein paar Wochen mit diesem Headset hinter mir. Dieses Ding ist ein so eine große Unterstützung für meinen Arbeitsalltag, dass ich es nicht mehr missen möchte. Alle Eigenschaften, die ich in diesem Review positiv erwähnt habe, begeistern mich weiterhin.

Die „Situation“

im Home-Office – mit dem Evolve2 65 – war nicht zufriedenstellend. Mehrere Quellen wollten mit einem einzelnen Headset verbunden werden: BigBlueButton auf einem Computer, Teams auf einem anderen Computer, ein Snom D765 Festnetztelefon, ein Mobiltelefon und ein Tablet. Das führte zu einem unübersichtlichen Headset-Gewechsle-Chaos mit daraus resultierender Genervtheit.

Zugegeben – Rechner und Mobiltelefon sind in der aktuellen Home-Office-Phase ja auch für mich die wichtigsten Quellen. Ich nehme auch mal an, die zuvor erwähnte Situation ist für den Großteil von Euch auch nicht reproduzierbar, da viele von Euch höchstens mal einen Computer und ein Mobiltelefon zusammen mit einem einzelnen Headset verwenden wollen. Für diese Menschen ist die zuvor von mir verwendete Variante „Evolve2 65“ (gibt’s auch in Mono) mit Dongle möglicherweise die richtige.

In meinem Fall ist ein deutliches Mehr an Quellenauswahl notwendig. Und das Wechseln zwischen diesen ist dann ebenfalls problematisch, du weißt eben nicht, ob das Headset erfolgreich gekoppelt ist. Nichts ist nervender, als in einer BBB-Sitzung kein Audio zu haben, weil es mit einem Telefon verbunden ist. Oder das Audio läuft weg, weil das Mobiltelefon gerade einen Kalender-Signalton von sich gibt – für den BBB-Termin. Oder den Teams-Termin. Oder eine iMessage oder eine Signal-Nachricht. Die peinliche „Kann man mich hören“ Frage war mir echt über. Zudem war ich an meinen Stuhl gefesselt, da die Reichweite von Bluetooth eben nicht bis zur Kaffeemaschine in der Küche reicht.

Zum anderen ist die Stereovariante (oder ANC) für mich völliger Blödsinn. Ich habe weder Kinder, welche um mich herumtoben, noch muss ich inmitten eines Großraumbüros um’s akustische Überleben kämpfen. Das Käseglockenfeature im Homeoffice führt dann auch noch dazu, dass man den Amazon-Fahrer überhört.

Es wurden allerdings nicht nur das Evolve2 65 erfolgreich ausprobiert, sondern unterschiedliche Varianten von Fehlschlägen, u.a. mehrere Voyager Legend (Feststellung: Die halten höchstens 6 Monate), Voyager 5200, meine Apple Airpods, ein defekt geliefertes PRO 935, sowie einige kabelgebundene Headsets. Das war nicht wirklich zufriedenstellend – aus unterschiedlichen Gründen. Teils sogar ein extremer Stressfaktor.

Ich hätte wohl besser gleich die richtige Lösung ordern sollen. Sparen ist manchmal verdammt teuer.

Situationsfazit: Bluetooth reicht eben doch nicht, DECT muss wieder her, ebenfalls Mono, noch wichtiger: Mehrere Quellen sind zu versorgen, in meinem Fall „fümpf“.

Die Stressfaktoren, verursacht durch Unsicherheit, ob das Headset denn bei oder während der Gesprächsannahme mit der Quelle stabil verbunden ist, extremes Drücken an den Ohren und viele Verbindungsabbrüche bei den Plantronics-Voyager-Varianten, unangekündigtes Ende von Akkulaufzeiten bei den Airpods, wenig Reichweite, hohes Gewicht und das Käseglockenfeature beim Evolve brachten schlussendlich das Fass zum Überlaufen.

Es gibt für sowas ja eigentlich auch nur noch zwei nennenswerte Hersteller. Zum einen Plantronics (neuerdings PLT oder Poly) hatte sich bei mir zuletzt durch wesentlich schlechtere Qualität bei den Voyager Varianten eingeprägt. Auch deren Software war alles andere als „gut“. Zum anderen – als letzter Rettungsring sozusagen – Die Dänen, Jabra. Das „Rechtsuntenmodell“ Engage 75.

Varianten

Jabra liefert dasselbe Headset – wie die Evolve Produktserie – in unterschiedlichen Varianten. Das Engage 65 und das Engage 75 unterscheiden sich in der Basisstation, und dadurch auch in ihrer Konnektivität. Wobei nur die 75er-Variante zu meiner Situation passt. Ferner sind 65 und 75 nur in schwarz erhältlich, jeweils in der weiteren Variante „Stereo“, „Mono“ und der etwas leichteren Variante „Convertible“. Letzteres ist mit Überkopfbügel, Neckband oder Earclip verwendbar. Das „Mono“ wird auch mit einem Neckbandadapter geliefert, jenen ich bislang noch nicht ausprobiert habe. Das „Convertible“ bietet bis zu 9 Stunden Dauergespräch, Stereo und Mono bis zu 13 Stunden.

In meinem Fall sind lediglich 56 Gramm(!), mit einer DECT-Gesprächslaufzeit von bis zu 13 Stunden der entscheidende Punkt für die Mono-Variante.

56 Gramm Robustheit

Das Headset selbst vergisst man irgendwann auf dem Kopf. Da nur ein Ohr durch ein sehr dickes und weiches Polster verdeckt ist, entfällt das „Käseglockenfeature“, verursacht durch die meisten Stereoheadsets. Es sitzt ja auch kein Gewicht auf dem Kopf. Man schwitzt nicht wirklich, die große Auflagefläche passt sehr gut zu meinen Ohren.

Die Gesprächs-Annahme-Taste fühlt sich hochwertig an, wie Metall. Sie besitzt einen prima Druckpunkt. Da sind die sind die Volume-Buttons wesentlich schwergängiger. Zum Glück lässt sich die Lautstärke auch an der Basis einstellen und sie wird pro Quelle einzeln gespeichert.

Für’s Büro besonders sinnvoll sind die deutlich sichtbaren Busylight-LED’s, und zwar direkt am Mikrofon, vor dem Gesicht des Sprechers und am Ohrteil. Jabra hat einfach mal begriffen, wie das sein muss.

Wähle ich „Wideband“ in den Einstellungen, kann ich hören, was die jeweilige Quelle hergibt. Der klar tönende, kleine Lautsprecher macht das Verstehen deutlich weniger anstrengend, selbst wenn mehrere Teilnehmer in BBB nicht gemutet sind (und kleine Kinder, Katzen, Baulärm oder sonstiges noch weitere Gäste im Meeting sind). Das Audio dieses Headsets ist so gut, dass ich es sogar problemlos auf meinem wesentlich schlechteren Ohr einsetzen kann, was ich – je nach Situation – jetzt sogar sehr gerne mache.

Mein Gegenüber versteht mich, nach Rückmeldungen sogar mit Nachdruck „viiiiieel besser“. Es gibt quasi keine „nervenden“ Nebengeräusche mehr. Sogar meine superlaute Delonghi- Kaffeemaschine wird nicht mehr als störend empfunden. Und trotzdem wähle ich in solchen Situationen die Mute-Funktion per Knopfdruck am Mikrofon, welche als Audio und sogar auf der Basisstation in der Anzeige – sicher – angezeigt wird.

Deswegen lässt sich der Mikrofonarm auch – anders als beim Evolve 2 65 – in beide Richtungen drehen, weil er eben keine Mute-Funktion mit der Drehbewegung auslöst. Deshalb ist die Mono-Variante des Headsets auf dem Kopf auch beliebig links oder rechts platzierbar.

Auch anders als beim Evolve: Die Signalisierung im Gespräch (z.B. „stummgeschaltet“) erfolgt dezent im Hintergrund. Man kann dem Gespräch – anders als beim Evolve – also noch folgen, obwohl man eine Funktion ausgelöst hat, welche notwendigerweise mit einem Audiosignal quittiert wird. Das macht alles einen wesentlich durchdachteren Eindruck.

Das Mikrofon ist bei meiner Kopfgröße direkt neben dem Mund platziert und zwar gerade so, dass es keine Popp-Geräusche erzeugt, und deshalb auch kein Popp-Schutz notwendig ist. Dennoch führt die wesentlich kürzere Distanz zum Mund (verglichen mit dem Vorgänger) zu einem deutlich besseren Verständnis.

Der Kopfbügel ist mit Rasten sehr leicht einstellbar, die verschiebbare Gummiverbreiterung ebenso, obwohl ich finde, das letztere möglicherweise überflüssig ist und noch einmal ein paar Gramm Gewicht einsparen könnte.

Das gesamte Headset ist prima verarbeitet. Perfekte Spaltmaße, nichts knarzt, alles hinterlässt den Eindruck allerhöchster Robustheit. Verglichen mit dem zuletzt ständig knarzenden Plantronics Savi W740 sind das Welten. Besser verarbeitet geht m.E. nicht, ohne den Preis in Mondsphären zu treiben.

Ich habe an diesem Headset – außer den schwergängigen Volume-Buttons – wirklich überhaupt nichts auszusetzen. Es ist das beste, was ich bislang getragen habe. Mit Verlaub: Genau so muss ein Headset sein!

Basisstation

Deren Rückseite ist exakt so breit, wie die Anschlüsse Platz benötigen. Dennoch steht das Ding sauber auf dem Tisch auf. Man will – aufgrund der Masse der Kabel – möglicherweise ein Loch in den Tisch bohren und Kabelstrapse einsetzen, so dass es vielleicht doch irgendwie etwas ordentlicher auf dem Schreibtisch aussieht, aber dafür kann die Basisstation nix. Irgendwie muss der ganze Kabelkram da ja auch hin.

Die Basis will – anders als das Evolve 65 – ein Netzteil mit einem winzigen Stecker für die Stromversorgung. Möglicherweise ist das stabiler, als USB.

Ich könnte, wäre sie für meinen linken Arm besser erreichbar, an der Basis auch Gespräche annehmen und ablehnen, die Lautstärke regeln und diverse Einstellungen vornehmen. Sie besitzt eine nicht ganz intuitives Touchscreen-Bedienung, an jene man sich aber nach kurzer Zeit gewöhnt.

Nebst Buchsen für Telefone mit EHS und ohne gibt es rückwärts auch 2x Micro-USB, eine davon will zwingend mit einem Computer verbunden werden, jene andere kann mit einem weiteren Computer, jedoch auch mit Tischtelefonen, welche kompatibel sind, verbunden werden. In meinem Fall funktioniert das prima mit einem Snom D785.

Nach dem Zurücksetzen oder dem ersten Einschalten führt einen das On-Screen Display durch die wichtigsten Einrichtungsschritte. So lässt sich auch ein EHS-Device konfigurieren.

Das in der Helligkeit konfigurierbare Display zeigt verbundene Quellgeräte, eine Uhr, je nach Quellgerät den Namen des Gesprächspartner, Gesprächsdauer und sehr detailliert den Ladezustand der Batterie an.

Ein langer Druck auf die grüne Hörertaste wählt das Standardgerät aus, im Gespräch erscheinen links und rechts + und – Buttons zur Einstellung der Lautstärke.

Ein kurzer Druck auf den unteren Button führt in ein Basic-Einstellungsmenü, ein langer Druck auf ein erweitertes Menü. Alle Tastendrücke werden durch einen kleinen Lautsprecher quittiert, der auch was bei einem Touch-Screen auch sinnvoll ist. Der Lautsprecher kann auch eingehende Gespräche signalisieren.

Hakelig ist für mich lediglich das Zusammenführen (call-merging) von Gesprächen aus unterschiedlichen Quellen. Das geht nur über die Basis und in festgelegten Schritten. Ich müsste mir für diesen Fall die Schritte aus der Bedienungsanleitung irgendwo skizzieren. Dieser Fall kommt für’s üben bei mir auch zu selten vor.

In der Konfiguration „Wideband“ und „medium signal range“ reicht’s für mich für die komplette Altbau-Wohnung ohne störende Aussetzer oder Jitter mit hervorragender Gesprächsqualität. So sollte das sein.

Der Headsetconnector ist Micro-USB. Das ist aufgrund der guten Führung des Headsets in der Basis zwar deutlich weniger hakelig als zunächst angenommen, wäre m.E. aber nicht notwendig. Wohl lässt sich das Headset deshalb auch mit einem Micro-USB-Kabel an einem Computer direkt verwenden.

Die Oberfläche der Basis ist ein Magnet für Fingerabdrücke und Staub.

Ich verwende den EHS-Adapter*, obwohl mein Snom-D785 auch einen gut funktionierenden USB-Anschluss für Headsets bereitstellt. Deswegen kann ich den zweiten USB-Anschluss ohne die Software Jabra Direct für meinen Dienst-Computer verwenden. Somit sind insgesamt und tatsächlich auch zeitgleich 5 Quellen mit der Basis zu verbinden: 2x USB, 1x Deskphone via EHS, 2x Bluetooth. Das ist – mir ist kein Mitbewerber bekannt, der das auch kann – ein wirklich erstklassiges Alleinstellungsmerkmal.

*Anmerkung: Der „EHS-Adapter Advanced V2.0“ von Snom für ein D785 ist etwas weniger gut dokumentiert (Link). Die Konfiguration in der Base ist „DSHG“, die mitgelieferten Zettel besser ignorieren und die wunderbare Anleitung von Stephan Rasch (Link – Shopseite – kein Affiliate) befolgen.

Software

Das Bedienen mit den vielen Touchscreen-Buttons auf der Basis funktioniert wohl ganz gut, doch wesentlich einfacher konfigurierbar ist das über die erstklassige Software.

Jabra hat hier wirklich nichts falsch gemacht und ist in vielen Punkten besser, als der Mitbewerber. Ich kann meinen ursprünglichen Aussagen vom letzten Review wirklich nichts hinzufügen – ausser mich wiederholen: Jedes einzelne Feature ist sehr gut erklärt, die Struktur der Software logisch und sehr intuitiv. Die Programmierer haben einen Orden verdient.

Lediglich ein Wunsch bleibt für mich offen: Die Akkulaufzeit wird auf dem Mac nicht im Menüleisten-Icon dargestellt, im Programm selbst aber schon. Ein Bug ist mir aufgefallen: Trotz Konfigurationsmöglichkeit synchronisiert die Uhr der Basis nicht mit dem Computer.

Manche mögen sich daran stören, dass die Software nicht in deutscher Sprache lokalisiert ist.

Fazit

Ich lasse mich dazu hinreißen, den Titel „Allerbestes Lieblingsheadset“ zu vergeben. Das Headset ist in mehreren Varianten verfügbar, jene möglicherweise besser zu Deiner Situation passen, als die von mir preferierte Mono-Variante.

Ich kann dieses Headset uneingeschränkt und aus eigener Erfahrung für Teams, BBB, GoTo, Zoom, Facetime und ferner für iPhone, iPad, Mac, Windows und für ein Snom D785 empfehlen.

Titelbildquelle: GN Audio A/S

Produktlink: Link

Transparenzhinweis: Dieses Headset wurde aus eigenen Mitteln finanziert und der Test weder von Jabra/GN Audio autorisiert noch finanziell unterstützt.